Leider aber verschlechterte sich mein Zustand dann recht rasch, was sich vor allem durch massiv angeschwollene Lymphknoten unter den Achseln und am Hals zeigte. Auch die Blutwerte verschlechterten sich dann zusehends.
Nach weiteren Untersuchen stand dann fest, dass eine Chemotherapie unumgänglich sein wird. Die Vorstellung eine Chemotherapie durchzumachen machte uns allen sehr grosse Sorgen. Da man mit Chemo immer Haarausfall, Gewichtsverlust und starke Müdigkeit verbindet.
Beim Gespräch mit dem Arzt wurde uns erklärt, dass es sich um eine mittelschwere Chemo (Schema FCR) handeln wird, aber bei diesen Medikamenten kein Haarausfall zu erwarten sei. Zudem bestehe eine ca. 20% Wahrscheinlichkeit einer bleibenden Unfruchtbarkeit, weshalb wir uns über eine Kryokonservierung (einfrieren von Spermien) informierten. Wir haben uns dagegen entschieden, da wir ja schon das Zweite in Erwartung hatten und eine künstliche Befruchtung keine Option für ein Drittes war.
Wir feierten dann noch Weihnachten und Neujahr, bevor die Therapie im Januar 2016 gestartet wurde. Geplant waren 6 Zyklen im 4 Wochen Rhythmus. Die Therapie konnte zu Glück im Kantonsspital Uri durchgeführt werden.
Für den ersten Zyklus musste ich 4 Tage stationär in Spital, da ich engmaschig überwacht werden musste falls ich auf ein Medikament stark reagieren würde und zudem schon sehr viele Zellen auf einmal absterben werden. Bis auf einen kurzen Schüttelfrost traten aber zum Glück keine Komplikationen auf und ich konnte nach 4 Tagen mit einer Tasche voll Medikamente wieder nach Hause.
Ich fühlte mich eigentlich sehr gut, so dass ich mit meine Frau und unseren Sohn zum Einkaufen begleitete. Jedoch sagte mir mein Körper schnell, dass es nicht mehr ist wie davor. Ich bekam starkes Nasenbluten und musste schnell wieder nach Hause, wo es aber zum Glück wieder gestoppt werden konnte, sonst hätte ich gleich wieder zurück ins Spital müssen.
Kurz darauf bekam ich dann auch noch starke Übelkeit verbunden mit Erbrechen und Durchfall. Da ich dachte das komme von der Chemo unternahmen wir aber nichts weiter. Ich konnte jedoch fast eine Woche nichts zu mir nehmen oder behalten.
Da bekam ich echt Schiss (gutes Wortspiel;-) dass dass nun ein halbes Jahr so weiter läuft. Wie sich aber später herausstellte, habe ich mir da eine Magendarm-Grippe eingefangen.
Als ich mich davon wieder erholt hatte, war schon der zweite Zyklus fällig. Ich bekam die Medikamente immer Venös während drei Tagen verabreicht. Danach war ich für ca. 1 Woche recht Müde und konnte auch nicht viel Essen. Habe mich aber zum Glück immer schnell erholt und keine starken Probleme mit Übelkeit und Erbrechen.
Da aber meine Frau zur selben Zeit Hochschwanger war, machten wir uns sorgen, dass ich bei der Geburt vielleicht nicht dabei sein könnte. Zudem war musste Sie mit der Doppelbelastung klarkommen. Sie musste nicht nur für sich und das Kind schauen, sondern auch oft zu mir. Eigentlich sollte es ja umgekehrt sein.
Im April dann bekam ich über Nacht Fieber. Ich ging am Morgen zum Arzt und durfte danach wieder nach Hause. Am Nachmittag wurde das Fieber stärker und ich musste schnell ins Spital, wo dann diverse Tests gemacht wurden. Da mein Immunsystem während der Chemo sehr schwach ist, habe ich mir irgendwas eingefangen. Ich wurde daraufhin mit Antibiotika vollgepumpt. In der nächsten Nacht wurde aber das Fieber stärker. Ich hatte zeitweise über 40° C Temperatur und habe das Bett mehrmals nassgeschwitzt. Es war das erste mal, dass ich Fieberträume hatte.
Danach verbesserte sich aber mein Zustand schnell wieder, aber aufgrund meines sehr schwachen Immunsystems haben mich die Ärzte ins Isolationszimmer (etwa so gross wie eine Abstellkammer) verlegt und wollten mich über das Wochenende sogar zur Kontrolle im Spital behalten. Ich fühlte mich aber schon wieder sehr gut und wollte auf keinen Fall das Wochenende noch in dieser Abstellkammer bleiben. Nach Rücksprache mit meinem Onkologen persönlich, durfte ich dann am Freitag nachmittag direkt vom Isolationszimmer wieder nach Hause zu meiner Familie.
Es war nun Ende April und ich hatte schon 4 Zyklen der Chemo gut überstanden und die Medikamente erzielten auch die gewünschte Wirkung. Die Lymphknoten bildeten sich sehr rasch zurück.
Der Geburtstermin unseres zweiten Kindes rückte immer näher und wir hofften, dass bei mir jetzt keine weiteren Komplikationen auftreten. Anfang Mai war es dann soweit. Unsere Tochter erblickte am 3. Mai um ca 3 Uhr morgens nach einer schönen Geburt das Licht der Welt. Wir waren überglücklich.
Doch schon 4 Stunden danach war ich schon wieder im Spital und erhielt die zweitletzte Chemo verabreicht. Danach ging ich nach Hause zum schlafen und dann wieder zu meiner Frau.
Danach verlief die Therapie komplikationslos. Nach der Chemo wurde dann wieder eine Knochenmarkbiopsie gemacht (das ist echt heftig), und zu schauen ob die Leukämie noch da ist. Das Ergebnis war zufriedenstellend. Wie zu erwarten war, konnte die Krankheit nicht komplett verdrängt werden. Aber wir waren zufrieden. Vielleicht hielt sich die CLL jetzt für mehrere Jahre ruhig....
Ich konnte dann recht schnell wieder Vollzeit arbeiten, was für die Familie wieder eine große Umstellung bedeutet. Ich bin wieder den ganzen Tag weg und meine Frau mit einem Baby und einem 2-jährigen alleine Zuhause. Es dauerte, bis wir uns wieder im Alltag zurechtfanden.